Der Friedhof im Viertel
Alt-Katholische Kolumbarien
Insbesondere im städtischen Milieu hat die Zahl der anonymen Bestattungen stark zugenommen. Angesichts dieser Tatsache war es ein besonderes Anliegen des im Jahr 2006 verstorbene Kölner Pfarrers und nordrhein-westfälischen Dekans Wolfgang Kestermann, über alternative und kostengünstige Bestattungsformen nachzudenken. Sie sollten dem christlichen Menschenbild mehr entsprechen als das namenlose und geografische später nicht mehr lokalisierbar Beisetzen einen unverwechselbaren Individuums auf eine anonymen Gräberfeld. Bei dieser Suchbewegung stieß Wolfgang Kestermann recht bald auf Claus und Stefan Frankenheim, beide Geschäftsführer des gleichnamigen Düsseldorfer Bestattungshauses, das sich bei Hinterbliebenen knappe zehn Jahre später regen Zuspruchs erfreut: Das Kolumbarium im Viertel.
Die Liberalisierung des Bestattungsgesetzes hat etwas möglich gemacht was noch vor Jahren undenkbar schien: Ein öffentlicher (Urnen-) Friedhof im Hause eines Bestattungsunternehmens, geradezu „um die Ecke“, auf jeden Fall im Viertel.
Das Gesetz sieht vor, dass ein Friedhof von einer staatlich anerkannten Körperschaft des öffentlichen Rechts getragen werden muss (in diesem Fall das Alt-Katholische Bistum); betrieben werden kann er dann von Unternehmen der Branche (Bestatter, Friedhofsgärtner, etc.), die einen grundbuchlich abgesicherten „offiziellen“ Friedhof in ihren Räumlichkeiten einrichten. Damit an dieser Stelle kein Missverständnis aufkommt: Es handelt sich immer um einen öffentlichen, kirchlichen Friedhof, der für alle Menschen (mit und ohne Konfession) nutzbar sind. Die bisweilen in der Presse vorgetragene These, es gebe jetzt auch „private Friedhöfe“ ist irreführend, in der Sache falsch und dem weiteren Ausbau des alt-katholischen Friedhofwesens nicht dienlich.
Alt-katholische Kolumbarien sind also in gewisser Weise „neuartige“ Urnenfriedhöfe, die die alten Traditionen der Feuer- und Urnenbestattung zwar aufgreifen, aber gleichzeitig den Bedürfnissen einer modernen Trauer- und Bestattungskultur gerecht zu werden versuchen: Ein alt-katholisches Kolumbarium lädt unabhängig von Jahreszeit und Wetter in ruhiger und würdevoller Atmosphäre zum Verweilen ein – meist eben in unmittelbarer Nähe zum Lebensmittelpunkt der Angehörigen (siehe Foto). Es ist rund um die Uhr zugänglich, offizielle Öffnungszeiten spielen keine Rolle; wann immer ein Hinterbliebener das Bedürfnis hat, den Beisetzungsort eines lieben Menschen aufzusuchen, kann er oder sie das tun. Die Urne des Verstorbenen wird in einer Urnennische beigesetzt. Eine individuelle Gestaltung mit Bildern, Blumen und Erinnerungsstücken ist jederzeit möglich. (Siehe Foto). Ebenfalls kann eine Gravur des Namens, der Geburts- und Sterbedaten angebracht werden. Anders als bei anonymen Bestattungen haben die Hinterbliebenen hier also einen konkreten Ort, für ihre Trauer. Einen Ort, an den sie zu jeder Zeit und in aller Ruhe kommen können, um eines verstorbenen Menschen zu gedenken.
Die Ruhezeit für eine Urne richtet sich mach den kommunalen Vorgaben, in der Regel beträgt sie 12 bis 15 Jahre. Nach Ablauf ist eine jährliche Verlängerung der Ruhezeit möglich, ein nicht unerheblicher Vorteil, wenn man selbst als Angehöriger älter wird und sich eines Tages die Frage stellt, warum man eine Grabstelle, die irgendwann niemand mehr zu pflegen in der Lage sein wird, um fast zwei Jahrzehnte verlängern soll…Sollte die Grabstelle nicht mehr verlängert werden, garantiert die Alt-katholische Kirche als Trägerin des kirchlichen Friedhofs eine abschließende Beisetzung auf einem Friedhof in Rheinland-Pfalz.
Zur Zeit gibt es in folgenden Orten Kolumbarien in alt-katholischer Trägerschaft: Düsseldorf, Düsseldorf-Garath, Duisburg, Schwerte und Solingen. In Planung, im Genehmigungsverfahren oder im Bau sind Kolumbarien in Köln, Unna, Wesel, Blieskastel und Rendsburg. Auch das Genehmigungsverfahren für das Kolumbarium in der Krypta der Namen-Jesu-Kirche in Bonn ist zur Zeit bei der zuständigen Bezirksregierung in Bearbeitung. Weiter Informationen zum Thema „alt-katholische Friedhöfe“ finden sich auf der Internetseite kolumbarium.org.
Jürgen Wenge